6 - Stau! - Zur mathematischen Verwandtschaft von Verkehr und Abwasser [ID:625]
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Ein paar Worte zum Thema, das ich gewählt habe, das ist natürlich gefährlich, wenn man sich

herstellt und sagt, ich rede über Stau. Stau ist in aller Munde, nicht in jedem Tag, gerade in

den letzten Wochen wieder hat man mit Stau zu tun. Man hört überall von Stau und jetzt stellt sich

ein Mathematiker hin und erzählt ihm was von Stau. Und er sagt ihnen auch gleich als erstes bekennt,

ich bin kein Verkehrsexperte, ich bin Mathematiker. Eine schwierige Frage, weil man natürlich der

Gefahr sich aussetzt, dass man hier nicht viel Neues beitragen wird in der dreiviertel Stunde

vielleicht, die es dauern wird. Das Thema habe ich aber absichtlich so gewählt, nicht nur um den

Saal zu füllen, das hat ja auch in gewissen Hinsicht funktioniert, aber hätte natürlich mehr sein

können, was das Thema anbetrifft. Auch weil es eben nicht so ist, dass ich Verkehrsexperte bin,

sondern angewandter Mathematiker und wenn Sie sich als angewandter Mathematiker im Geschäft sind,

da kriegen Sie morgens einen Anruf von der einen Firma, mittags von der anderen Firma,

haben völlig verschiedene Probleme am selben Tag zu bewältigen. Sie können nicht überall Experte

sein, gleichwohl rufen die Leute an und das ist das, was ich auch sozusagen vermitteln möchte,

wenn Sie in die Zeitungen schauen, Wirtschaftswoche zum Beispiel 2003 bei einer Artikel Mathematik,

angewandte Mathematik als die zweitwichtigste Zukunftsdisziplin. Das kann man sich gar nicht

vorstellen und viele Mathematikerkolleginnen und Kollegen schütteln auch den Kopf und sagen,

das kann doch gar nicht sein. Also wenn dieser Anspruch besteht, dann muss man sich auch solchen

Themen einmal widmen, auch wenn man nicht vielleicht jetzt spezifischer Experte ist und wenn sich das

Thema sich anschaut, hier steht Stau zur mathematischen Verwandtschaft, steht hier von Verkehr und Abwasser.

Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten hier einen Verkehrsspezialisten, einen Hydrologen und was die

wohl miteinander reden würden. Wenn Sie das auf der Ebene der Mathematik machen, ist das plötzlich

möglich und das zu zeigen ist ein bisschen meine Absicht heute. Also davon ist zu reden von Stau.

Wie kann man den Verkehrsfluss formalisieren? Da sind wir als Mathematiker gefragt oder

Mathematikerinnen, ich sage jetzt nicht immer den weiblichen Anteil auch. Wie kann ich das simulieren

und wie kann ich es darstellen? Das sind wichtige Fragen. Wie kann ich die Informationen, die ich

habe, auch darstellen, sodass man es verstehen kann? Welche Form muss ich wählen? Und dann die Frage,

die ich eben schon angedeutet habe, lässt sich das automatisieren. Wir wollen ja nicht, dass ein

großer Bruder irgendwo sitzt und uns immer erzählt, dass und das musst du machen, sondern wir wollen

das sozusagen im Zug einer Selbstorganisation regeln, dass wir also sozusagen automatisch richtig

fahren und diesen Stau dann eben vermeiden. Und schließlich, und das ist noch ein Schritt,

den ich nicht vergessen möchte, was ist der Spin-off für die Mathematik? Was kommt für die

Mathematik selbst bei raus? Wir wollen ja nicht nur Dienstleister sein für Technologen, sondern wir

wollen auch sehen, was passiert denn mathematisch dabei? Kann ich ein neues Verfahren finden? Kann

ich neue Modelle finden? Und wie kann ich diese Modelle verbessern und so weiter und dann wieder

zurückgehen an die Anwendung? Das ist sozusagen das Programm. Jetzt gucken wir mal ein bisschen auf

einer Folie vielleicht, was man so unter Steuern versteht, wo man das auch mal ein

bisschen formalisiert. Jeder hat Steuerungen im Alltag immer schon erfahren und hat selbst

gesteuert. Hier sehen Sie also da oben das Kind auf der Schaukel. Das ist ein System mit einem

Freiheitsgrad, der Winkel, ein Pendel. Und immer wenn es oben ankommt, dann kriegt das Kind einen

Schub von der Mutter oder dem Vater. Und das ist eine Steuerung von außen ganz offensichtlich. Der

Steuerer beobachtet das System und pusht von außen das System an. Das Kind ist froh und glücklich. Und

wenn es dann erwachsen wird, dann möchte es das nicht mehr, typischerweise. Ab 14 ist ja okay.

Wollen wir darüber nicht sprechen. Und dann versucht man sozusagen diese Steuerung automatisch

zu machen. Das heißt, wenn ich hinten hoch gehe, verlärm ich meinen Schwerpunkt. Und das tue ich

dann, wenn ich diese Daten davon habe. Ich weiß, ich gehe hoch, also muss ich meinen Schwerpunkt

verändern. So etwas ist eine rückgekoppelte Steuerung. Also eine Steuerung, die ich anwende,

wenn ich das System beobachte. Ich muss das System beobachten, dann kann ich darauf reagieren. Da

ist niemand mehr von außen, sondern das bin ich ganz allein. Das System ist autonom. Es ist eine

autonome Steuerung. Und sowas haben wir sozusagen jeden Tag vor uns. Das haben wir auch jeden Tag vor

uns. Das ist ein Schrecknis bei der Führerscheinprüfung, nämlich das Einparken. Das

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Günter Leugering Prof. Dr. Günter Leugering

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:28:42 Min

Aufnahmedatum

2008-07-17

Hochgeladen am

2011-04-11 13:53:27

Sprache

de-DE

Staus sind zu einem festen Bestandteil unseres alltäglichen Lebens geworden. Der allmorgendliche Verkehrsstau, der Papierstau im Drucker, der Kommunikationsstau im Callcenter und der verstopfte Abfluss und die Haufen gelber Säcke, wenn man nach Hause kommt..kurz: das Nadelöhr wird in unserer Hochtechnologiegesellschaft zum negativen Paradigma. In dem Vortrag soll der Verkehrsstau als ein uns alle besonders emotional betreffendes Stauphänomen unter die Lupe des Analytikers genommen werden. Wie kann man solche Phänomene so mathematisch formalisieren, dass man weitgehend verlässliche Simulationen der dynamischen Verkehrssituation erstellen und anhand dieser Simulationen den Verkehrsfluss steuernd optimieren kann? Dieser Frage soll exemplarisch am Beispiel der Verkehrssimulation durch so genannte zellulären Automaten und partielle Differentialgleichungen nachgegangen werden. Der auf den ersten Blick unerwartete Brückenschlag zur Abwasserproblematik erscheint dann plötzlich ganz natürlich
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